10 wichtige Tipps für Linux Einsteiger

Dieser Artikel soll keine Bedienungsanleitung für Linux sein. Da gibt es sehr empfehlenswerte Seiten mit guten Anleitungen im Internet. Ein paar Links zu diesen Seiten finden Sie am Ende des Artikels. Ich gehe davon aus, dass Sie Linux bereits ein wenig kennen gelernt haben und vielleicht schon das eine oder andere versucht haben.

Um sich sehr gut unter Linux zurecht zu finden, braucht man schon einige Zeit. Ungefähr so lange, wer hätte es gedacht, wie unter anderen Betriebssystemen auch. Je mehr Sie aber mit Linux arbeiten, umso eher werden Sie die wirklichen Vorzüge dieses Betriebssystems kennen und schätzen lernen.

Im Folgenden möchte ich Ihnen einige Tipps für die Arbeit mit Linux ans Herz legen. Als Einsteiger sind sie eine gute Orientierungshilfe für den ersten Überblick. Lassen Sie sich nicht davon irritieren, dass hier immer wieder von Konsolen-Kommandos und Befehlen die Rede ist, die man über die Tastatur eingeben muss. Auch dann, wenn Sie die Bedienung mit der Maus vorziehen, werden diese Tipps für Sie nützlich sein. Wenn Sie die bei Ihrer Arbeit mit Linux im Hinterkopf behalten, vermeiden Sie locker die meisten größten anzunehmenden Unfälle, die einem Linux Anwender passieren können und bekommen recht schnell eine Ahnung davon, “wie Linux tickt”.

Tipp 1: Nicht dauerhaft als Root arbeiten - sudo statt su

Das Root-Verzeichnis von Linux ist, wie der Name schon sagt, das Wurzelverzeichnis in das alle weiteren Verzeichnisse eingeordnet werden. Es liegt auf der Hand, dass dieser Bereich vor Veränderungen durch normale Nutzer geschützt werden muss, denn hierin liegen sowohl für den Betrieb wichtige Systemdateien, wie auch die Verzeichnisse aller Nutzer.

Unterhalb davon, im Verzeichnis “/home” besitzt normalerweise jeder Nutzer mit einem eigenen Konto ein eigenes Verzeichnis. Er verfügt normalerweise nur über genau die Rechte, die ihm den Zugriff nur auf Dateien innerhalb diese Verzeichnisses erlauben.

Auf einem System mit mehreren Nutzern kümmert sich meist ein Administrator um die Systempflege, zum Beispiel die Installation von Programmen und um andere Aufgaben. Auf dem eigenen PC allerdings wird meistens nur ein Nutzer installiert, der dann natürlich auch ab und zu selbst Hand anlegen muss um Änderungen am System vorzunehmen.

Genau zu diesem Zweck können einem Nutzer vorübergehend Root-Rechte verliehen werden. Dazu gibt es unter Linux zwei Möglichkeiten:

  1. Mit dem Befehl “su” auf der Kommandozeile übernimmt man die Rolle von Root, erledigt die Aufgaben und wechselt nach Eingabe von “exit” wieder zum normalen Nutzer.
  2. Mit “sudo” erhält man kurzzeitig für die Ausführung der nächsten Anweisung(en) Rootrechte. Wurden die Anweisungen ausgeführt, wechselt man automatisch wieder zum normalen Nutzer.

Was denken Sie, welche Möglichkeit schützt eher vor unbeabsichtigten Veränderungen am System?

Richtig, mit “sudo” sind Sie schon mal auf der sicheren Seite. Denn mit “su” wären Sie solange Root, bis Sie den Spaß mit einem beherzten “exit” beenden. Das kann man schnell mal vergessen und dabei so richtig schön das System vermurksen. Und glauben Sie ja nicht, dass das nur Anfängern passieren kann. Auch “Alte Hasen” sind manchmal nicht ganz bei der Sache.

Tipp 2: Als Root nur etwas tun, wenn man verstanden hat, was man damit bewirkt

Denken sie daran: Wenn Sie nicht wenigsten eine ungefähre Vorstellung davon haben, was Sie da gerade in die Tastatur hämmern, sind Sie als Root immer nur einen Tastendruck davon entfernt Ihre gesamte Installation platt zu machen. In den allermeisten Fällen geht das System nämlich davon aus, dass Root genau weiß was er tut.

Wenn Ihnen Linux zusagt, werden Sie früher oder später vermutlich auch die Annehmlichkeiten der Konsolenbedienung entdecken. Das ist prima! kann ich nur empfehlen.

Nur, führen Sie nicht einfach irgend welche Befehlsfolgen aus, die Sie vielleicht irgendwo im Internet gefunden haben. Solange Sie nicht wirklich verstanden haben, was eine Komandozeilenfolge oder ein Skript bewirkt, seien Sie vorsichtig.

Wenn sie sehr viel herumexperimentieren wollen, empfiehlt sich eine virtuelle Linux-Installation als Gastsystem in Virtualbox. Das ist eine Linux-Installation innerhalb eines besonders geschützten Bereichs. Darin können Sie alles in Ruhe testen, ohne Ihre Basis-Installation zu gefährden.

Tipp 3: Im Root-Verzeichnis keine Nutzerdaten ablegen

Das Root-Verzeichnis beinhaltet viele wichtige Systemdateien. Hier sollten Sie selbst keine Dateien anlegen - es sei denn Sie wissen genau was Sie warum tun.

In Ihrem eigenen Home-Verzeichnis können Sie soviele Dateien ablegen, wie Speicherplatz vorhanden ist. Das Root-Verzeichnis wird in der Regel nur vom System verwaltet und ist für normale Nutzer tabu!

Zum einen gefährden Sie unter Umständen das System, zum anderen ist es durchaus möglich, das bei Updates des System ihre außerhalb des Home-Verzeichnisses gespeicherten Dateien einfach überschrieben werden.

Tipp 4: Unter Linux ist alles eine Datei, die (meistens) gelesen werden kann

Für Einsteiger vielleicht noch nicht so wichtig, aber ganz praktisch, wenn man sich von Anfang an daran gewöhnt: Alles unter Linux ist eine Datei. Damit ist gemeint, dass alle Ein- oder Ausgaben des Linux-Systems über das Dateisystem stattfinden. Wie gesagt, für Einsteiger noch nicht wirklich wichtig aber gut zu wissen und leicht zu merken. Spätestens, wenn Sie mal umfangreichere Systeminformationen benötigen könnte dieses Wissen Ihnen allerdings sehr hilfreich sein.

Tipp 5: Lernen Sie die wichtigsten Konsolen-Kommandos

Als ich vor etwa zwanzig Jahren angefangen habe, mich intensiv mit Linux zu beschäftigen, war die grafische Oberfläche des Systems noch alles andere als ausgereift.

Dementsprechend glücklich war wahrscheinlich nicht nur ich selbst, als nach einigen Jahren mehr und mehr wirklich gut funktionierende Desktops erschienen. Die Welt schien wieder in Ordnung, denn nun konnte man endlich “vernünftig mit Linux arbeiten”.

Um es kurz zu machen: Heute sind die Desktops unter Linux besser denn je und mit allem denkbaren und undenkbaren Komfort ausgestattet. Heute aber arbeite ich am liebsten und fast ausschließlich in einem Terminal oder direkt an der Konsole.

Die meisten kleinen Aufgaben, Programme installieren, einrichten, löschen oder mein Archiv durchforsten, Texte recherchieren und schreiben, kann ich prima ohne grafische Unterstützung. Muss ich dazu jedes mal zur Maus greifen, dann brauche ich dafür gefühlt doppelt so lange und komme einfach nicht richtig in Gang.

Ob sich die intensivere Beschäftigung mit Linux-Befehlen und die Nutzung des Terminals für den Einzelnen lohnt, hängt sicherlich davon ab, ob man Linux nur in seiner Freizeit benutzt oder für irgend einen produktiven Einsatz benötigt.

Ich bin aber überzeugt, jeder der Linux langfristig einsetzt, wird früher oder später davon profitieren. Deshalb kann ich wirklich nur empfehlen, sich hin und wieder mal in den einen oder anderen Linux-Befehl anzuschauen. Gute Kandidaten für den Anfang sind oft benötigte Befehle wie ls, man, df, cp, mv, less und nano. (In den unten verlinkten Foren und Portalen finden Sie teilweise auch viele Informationen zur Verwendung von Linux-Befehlen.) Dabei bekommt man fast automatisch tiefere Einblicke in die Funktionsweise und das Zusammenspiel der einzelnen Komponenten von Linux.

Tipp 6: Punkt - oder, wo wichtige Dateien versteckt sind

Muss man das System neu installieren, möchte man meist nicht nur die eigenen Daten auf das neue System übertragen, sondern auch die Einstellungen von bereits installierten Programmen. Hierbei tritt oft die Frage auf, wo denn diese Einstellungen zu finden sind.

Linux nutzt hierfür eine besondere Eigenschaft des Dateisystems: Ordner- und Dateinamen mit einem vorangestellten Punkt werden normalerweise weder im Dateimanager angezeigt, noch in der Konsole oder im Terminal mit dem korrespondierenden Befehl aufgelistet. Um diese Dateien anzuzeigen, muss man im Dateimanager die Option “versteckte Dateien anzeigen” auswählen bzw. in der Konsole eine entsprechende Befehlserweiterung angeben (z.B. “ls -all”).

Auf diese Weise werden Einstellungen der von den Nutzern verwendeten Programme und andere Konfigurationsdateien vor dem Nutzer verborgen und vor unbeabsichtigter Veränderung geschützt. Wenn sie z.B. den Firefox oder das Mailprogramm Thunderbird installiert haben, finden Sie mit ziemlicher Sicherheit in Ihrem Verzeichnis einen Ordner mit dem Namen “.firefox” bzw. “.thunderbird”. Darin befinden sich alle für die Konfiguration notwendigen Dateien der jeweiligen Programme die Sie ganz einfach auf das neue System kopieren können.

Für viele andere Programme werden die Einstellungen in einer entsprechenden Datei im Ordner “.config” gespeichert, den Sie ebenfalls bei Bedarf kopieren können.

Tipp 7: Linux-Software aus den Software-Quellen

Überraschend für Einsteiger ist auch oft die Verwendung festgelegter Softwarequellen. Linux wird von den meisten Anwendern als komplette Distribution (Ubunt, Mint, Debian, Suse, Redhat usw.) heruntergeladen. Zusätzliche Programme können in Form sogenannter Pakete aus den Paketquellen (Repositories) der Distributionshersteller im Internet heruntergeladen werden. Die Paketquellen sind meist aufeinander, sowie auf die jeweilige Distribution abgestimmt und werden von den Herstellern gewartet und aktualisiert.

Dabei unterscheiden sich die Paketquellen der verschiedenen Distributionen in der Regel sehr stark voneinander. So macht es keinen Sinn auf einer Linux-Installation einer bestimmten Distribution Pakete einer anderen Distribution installieren zu wollen. (Hier gibt es Ausnahmen, wie etwa die unmittelbar von Debian abgeleiteten Deistributionen, die meist auch reine Debian Pakete installieren können.) Auch die Bereitstellung von Updates und Upgrades werden von den verschiedenen Herstellern unterschiedlich gehandhabt. Manche Hersteller legen mehr Wert auf aktuelle Software, andere mehr auf Stabilität.

Wer Linux langfristig nutzen möchte sollte sich über die in Frage kommende Distribution genauer informieren. Zum Ausprobieren eignen sich für Einsteiger sicherlich alle erhältlichen Komplett- und Live-Distributionen. Sogar Spezialdistributionen für Musik-, Grafik- oder Fotobearbeitung gibt es und noch viel mehr. Linux ist Linux, aber es gibt eben doch Unterschiede bei den Distributionen und auf lange Sicht gesehen sollte man versuchen, diejenige zu finden, die den eigenen Ansprüchen gerecht wird.

Tipp 8: Fremdprogramme nur installieren, wenn man der Quelle vertrauen kann

Neben den eben erwähnten Distributionsquellen gibt es natürlich noch weitere Quellen mit Linux-Software. Sie können sogar den Quellcode der meisten Programme herunterladen und selbst kompilieren. Das ist noch nicht einmal sonderlich schwer. Aber wenn es Sie nicht gerade unaufhaltsam dazu drängt, verschieben Sie das auf später, wenn Sie Linux besser kennen gelernt haben. Denn fremde Installationsquellen sind mit Vorsicht zu genießen.

Linux halte ich für sehr sicher, aber wenn man Software aus unbekannten Quellen auf den eigenen PC holt, kann man sicherlich auch unter Linux ganz schnell in Schwierigkeiten geraten!

Tipp 9: Wenn mal was nicht auf Anhieb funktioniert - Protokolle und Fehlermeldungen

Ein wesentlicher Grund für meinen Wechsel zu Linux war die Fehlersuche unter Windows, die mich ganz fimmelig gemacht hat. (Wenn Sie in einer Region unseres schönen Landes wohnen, wo dieser Begriff nicht geläufig ist: Ich war völlig entnervt! - Aber Spaß beiseite, Windows war und ist ein wunderbares Betriebssystem. Nach zwanzig Jahren Linux bin ich nur nicht mehr kompatibel dazu… :)

Linux legt beim Start und im Betrieb wichtige Logdateien wesentlicher Systemkomponenten an. Diese liegen im Dateisystem unter /var/log und können mit einem Textbetrachter (z.B. tail, cat, less, more etc.) angeschaut werden. Das Logverhalten des Systems kann man konfigurieren. Als Anfänger werden Sie wahrscheinlich nicht viel damit anfangen können. Aber auch da werden Sie nach einiger Zeit die Erfahrung machen, dass man in diesen Dateien wertvolle Informationen zum Zustand des System erhalten kann. Wenn Sie irgendwann mal zu einem richtigen Problem oder einer sehr speziellen Fragestellung um Hilfe in einem Forum bitten sollten, können Sie davon ausgehen, dass hier der Hinweis auf eine entsprechende Logdatei aufkommen wird. Dann wissen Sie Bescheid…

Tipp 10: Ubuntu ist Linux aber Linux ist nicht Ubuntu. Das gilt auch für andere Distributionen

Linux ist im Laufe der Jahre sehr ausgereift. Die heutigen Distributionen erlauben es quasi jedem, Linux innerhalb weniger Minuten zu installieren. Die Bedienung unterscheidet sich trotz wichtiger Unterschiede kaum von denen anderer Betriebssysteme. Dennoch werden Sie den Umgang mit einem neuen Betriebssystem nicht in einem Tag lernen.

Wenn Sie Probleme mit der Installation haben sollten, wenn ein Programm sich standhaft weigert, dass zu tun und Linux Ihnen auch nach Wochen immer noch Rätsel aufgibt, geben Sie weder sich selbst, noch Linux die Schuld. Wenden Sie sich an ein Forum, schildern Sie Ihr Problem und bitten mit ein paar netten Worten um Hilfe.

Versuchen Sie dabei möglichst relevante zusätzliche Informationen mitzuliefern, damit man Ihnen helfen kann. Wenn Sie z. B nur schreiben “plötzlich bleibt der Monitor nur noch schwarz und blinkt irgend wie so komisch…, wird man Ihnen vermutlich kaum weiterhelfen können. Wenn sie die Sache aber ein wenig erläutern, z.B. Ubuntu 17.10, Grafikkarte gewechselt, danach kein Bild mehr, werden die Spezis schon hellhörig. Und verlassen Sie sich drauf: da sind teilweise richtige Experten unter den Forenteilnehmern.